WEHRTURM

Leiben/NÖ, 2021-23

Westlich des Schlosses Leiben erhebt sich auf einer Anhöhe ein wuchtiger Batterieturm aus dem späten 15. Jahrhundert, als Gesamtanlage errichtet am südlichen Rand des Böhmischen Massivs, im niederösterreichischen Waldviertel mit seinen prägnanten Granit- und Gneisvorkommen gelegen. Der heute im Privatbesitz stehende, denkmalgeschützte Turm wurde in den 70er Jahren in eine mehrgeschossige Wohnung umgebaut und durch einen Anbau und neuer Eingangsrampe mit Garage, Nebenräumen und einer darüber liegenden Terrasse ergänzt.

Der hufeisenförmige Turm tritt als massiver, aus Feldsteinen errichteter Wehrbau mit etwa zwei Metern dicken Außenmauern und einem leichten, mit Holzschin­deln gedeckten Zeltdach in Erscheinung. Die Öffnungen sind der ursprünglichen Nutzung geschuldet spärlich verteilt, nur an der schmalen Ostseite zum Schloss hin finden sich mehrere Fenster- und Türöffnungen sowie die charakteristischen Kreuzscharten. Über dem Kellergeschoss erhebt sich ein Kreuzgewölbe mit Stukkaturen, über der Halle liegt das Turmgeschoss mit seinem Rundumblick in die bewaldete Umgebung.

Der Einbau fragiler hölzerner Tramdecken mit Treppen und leichten Holzriege­lwänden ermöglicht fünf nutzbare Ebenen für zwei Wohneinheiten, wobei durch Geschoss übergreifende Lufträume die turmhafte Figur erfahrbar wird. Dabei werden Bestand und Eingriff als Gegensatz lesbar und legen den charakteristischen Typus in seiner Material­ität frei. Raue Steinsichtigkeit und neue, leichte Oberflächen treffen in sorgfältiger Weise aufeinander, Schwere und Leichtigkeit werden als räumliches Spannungsfeld über das wertvolle Licht vereinzelter, perforierender Wandöffnungen wahrnehm­bar.

Die Spuren der Jahrhunderte werden lesbar, entfernte Farbschichten geben frühe Rötelzeichnungen und Schriftnotizen frei, Feldsteine zeigen sich unverputzt und rustikal.

Heute wird der Turm Gästen für temporäres Wohnen zugänglich gemacht, friedlich und geschützt in einzigartiger Landschaft: eine Erzählung der Generationen.      

Bauteile

Aussenmauerwerk aus Feldsteinen
Holz-Tramdecken, Holzriegelwände
Kastenfenster
Eichenböden, Monolith. Betonplatte
Wärmepumpe mit Ringkollektoren

Beteiligte

Baumeister: HOGE Bau, Ornding
Haustechnik: Markus Bayer, Pöggstall
Elektro: Elektro Gottwald, Melk
Fenster: Schaden Fenstersanierung, Jagersberg
Steinmauer: Gewölbebau Wagner, Neuhofen
Zimmerer: Drascher, Pöchlarn
Tischler: Pöchacker&Haidegger, Atzenbrugg
Möblierung, Ausstattung, Böden: Lorenz Wachau, Leiben
Schlosser: Metallbau Hick, Mühldorf

Publikationen

>> www.nextroom.at
>> www.orte-noe.at

Vorträge

Vortrag „Der Ungebaute Raum- Das Neue im Alten“: Domäne Wachau Dürnstein, Februar 2024
Arbeitskreis zum Schutz der Wachau


Fotos

>> Hertha Hurnaus